Das Diagramm unten zeigt Jean Sibelius'
Geldangelegenheiten im Großen und Ganzen. Die Schätzungen für
ein Jahreseinkommen umfassen die Gehälter, Renten, Stipendien,
Honorare, Erbteile, Geschenke und Tantiemen von den Verlegern. Zu
der Schuldenlast gehören sowohl die langfristigen Schulden als
auch die Wechsel, die er bekanntlich hatte.
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Erläuterung zu
den Kurven:
hellgrün: das verfügbare Jahreseinkommen in Euro,
rot: die Schulden in Euro
Wie aus dem Diagramm
hervorgeht, geriet Sibelius sofort in Schulden, als er sich als junger Stipendiat verheiratete und einen
eigenen Haushalt gründete. In den 1890er Jahren arbeitete er als
schlecht bezahlter Lehrer und erhielt nur gelegentlich Geld für
eigene Konzerte. Seine Werke waren im Ausland noch nicht in Verlag
genommen worden und außerdem konnte er seine Musik nur in
Finnland dirigieren. Ungeachtet des geringen Einkommens wollte
Sibelius ein „standesgemäßes Leben” führen, und oft hatte
die Familie eine Ganztagshausgehilfin. Im Jahre 1898 betrug die
Summe der Verschuldung 35 000 Euro.
Sibelius' Einkommen wuchs stark an, als er ab 1898 die Künstlerrente
bekam. Zur gleichen Zeit knüpfte er Beziehungen zum Verlag
Breitkopf & Härtel. Infolge des zunehmenden Ansehens konnte
Sibelius seit den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts seine Musik
auch im Ausland dirigieren. Der internationale Durchbruch war eine
Tatsache, aber die Errichtung des Wohnsitzes „Ainola“ ließ
seine Schulden im Jahre 1904 bis auf die schwindelnde Höhe von
280 000 Euro steigen. Das Risiko hatte sich gelohnt, aber Sibelius
konnte es noch nicht wissen. Er musste nun seinen Haushalt mit
Wechseln aufrechterhalten, weil er langfristige Darlehen von den
Banken nicht mehr erhielt.
Der einträgliche Vertrag mit Robert Lienau 1905-1909
zwang Sibelius sehr hart zu arbeiten, d. h. vier große
Orchesterwerke pro Jahr zu schaffen. Auf Grund seiner Rente,
Honorare für die Konzerte und Tantiemen von dem Verleger betrug
sein Jahreseinkommen schätzungsweise sogar 50 000 Euro. Der Bau
der Sauna in Ainola, das luxuriöse Leben mit Hausgehilfinnen und
Knechten zehrten am Einkommen und so erreichte auch die
Verschuldung eine Spitzenzahl: 320 000 Euro. Sibelius hätte
vielleicht einen persönlichen Konkurs gemacht, wenn 1910 nicht
Axel Carpelan und andere Mäzene aktiv geworden wären und einen
Teil seiner Wechsel getilgt hätten. Die langfristigen Schulden
verblieben: 1911 betrugen die Schulden 230 000 Euro.
Zu dieser Zeit führte Sibelius ein Leben ohne Alkohol und
hielt sich den Versuchungen der Restaurants fern. Die Verschuldung
nahm nicht weiter zu und nach den Aufführungen in den Vereinigten
Staaten von Amerika 1914 war der Komponist voller Hoffnung, die
Tournee im folgenden Jahr könnte das Schuldenproblem lösen.
Der Ausbruch des 1. Weltkrieges zerstörte diese Träume.
Der deutsche Verleger befand sich bald in Schwierigkeiten und
Sibelius' Einkommen ging dramatisch zurück. Nach seinem 50.
Geburtstag konnte nur eine erneute nationale Geldsammlung die
Gerichtsvollzieher fernhalten. Die Schulden betrugen noch 150 000
Euro.
Nach dem 1. Weltkrieg und besonders nach den Ereignissen
im Jahre 1918 zehrte die Inflation an Sibelius' Einkommen, aber glücklicherweise
auch an seinen Schulden. Im Jahre 1918 waren von den riesigen
Schulden noch 50 000 Euro übrig.
Nachdem die Rente angepasst worden war und die Schrecken
des Krieges in die Vergangenheit gerückt waren, konnte Sibelius
wieder seine Werke im Ausland leiten und auch die Geldströme von
den Verlegern nahmen wieder zu. Obwohl Sibelius zeitweise recht
luxuriös lebte, wuchs die Schuldenlast Anfang der 1920er Jahre
nicht mehr weiter an. Auch das Einkommen aus den Urheberrechten in
Europa gestaltete sich zu einer bedeutenden Einkommensquelle.
Die reichlichen Schenkungen zum 60. Geburtstag lösten die
Schuldprobleme und 1927 war Sibelius ein schuldenfreier Mann. Im
gleichen Jahr wurde in Finnland das Urheberrechtsgesetz erneuert
und Sibelius wurde schnell reich. Er starb als wohlhabender Mann.
Die Tantiemen seines umfassenden Schaffens bringen seinen Erben
bedeutende Geldeinnahmen noch bis 70 Jahre nach seinem Tod, d. h.
bis zum Jahr 2027. So war Sibelius' Umgang mit Geld, der manchmal
sogar unverantwortlich schien, schließlich ein erfolgreiches Glückspiel:
mit den Schulden sicherte er seiner Familie und sich selbst
bequeme Lebensumstände und etwa im Alter von 62 war er schon ein
schuldenfreier Mann, dessen Einnahmen deutlich die Ausgaben überstiegen.